Drahtspeichenräder verändern das Design der LC völlig. Sie erlauben es, andere Felgen- und Reifendimensionen zu wählen. Doch Vorsicht: Der Umbau ist nicht so einfach wie es vielleicht den Anschein haben könnte.
4L1 und 4L0 Umbau auf Drahtspeichenräder - ein Erfahrungsbericht
Am einfachsten lässt sich die 4L1 umrüsten, da sie vorne nur eine Bremsscheibe benötigt. Der Umbau auf Doppelscheibe wird weiter unten beschrieben. Dem Yamaha-Baukasten sei Dank: Man benötigt einen kompletten Satz Laufräder der luftgekühlten RD mit Rundtank, also Baujahr 1975 und älter. Die hatte vorne 1,85“ und hinten 2,15“ breite Stahlfelgen. In manchen Ländern gab es auch schmalere Felgen: 1,50/1,85. Komplett heißt: mit Tachoschnecke links und Staubkappe rechts am Vorderrad, mit Kettenradträger (einschließlich Feingewindemutter!), Bremsankerplatte, Steckachse und Kettenspannern hinten.
Vorne 12 und hinten 15mm Achsdurchmesser der LC stehen vorne und hinten einheitlich 17mm Durchmesser bei den luftgekühlten RD-Modellen gegenüber. Da der Achsdurchmesser erheblich größer ist, muss man für die vordere Nabe eine Reduzierhülse anfertigen, um die Achse der 4L1 verwenden zu können. Als Längemaß nimmt man die Breite des Naben-Zusammenbaus – also mit Tachoschnecke und Staubkappe - minus 1,0 mm, damit beim Anziehen der Achse nicht nur gegen die Reduzierhülse gespannt wird. Die Reduzierhülse hält jetzt Tachoschnecke und Staubkappe sicher in Position, was den Aus- und Einbau des Vorderrads vereinfacht. Die Bremsscheibe der 4L1 passt ohne jegliche Änderung. Es wird keine Distanzscheibe oder dergleichen benötigt. Die Reduzierhülse muss sehr genau gearbeitet sein, d.h. die Länge, der Innendurchmesser und der Außendurchmesser müssen exakt stimmen. Das muss alles spielfrei passen und erfordert eine Genauigkeit im Bereich von 0,02mm bei den Durchmessern. Damit wäre das Vorderrad schon fertig zum Einbau.
Beim Umbau der 4L0 braucht man eine Nabe für zwei Bremsscheiben. Die passende Nabe für das Vorderrad stammt von der XS500, Modelljahr 1976, ET.-Nr. 371-25111-00. Der Preis war 176,- Euro. Nach meinem Kenntnisstand ist das Teil nicht mehr lieferbar. Zum Anpassen an die 4L0 ist wie zuvor beschrieben lediglich eine glatte durchgehende Stahlhülse nötig. Die Breitenmaße der XS-Nabe sind mit der 4L0 absolut identisch, auch der Tachoantrieb passt.
Leider lässt sich die ähnlich aussehende Nabe der XS650 (baugleich Virago 250, einige SR)in der RD-Gabel nicht verwenden. Sie ist zu breit. Der Abstand der Bremsscheiben ist 4mm größer. Das ließe sich noch durch Abdrehen der Flansche ändern. Aber die Speichenkränze stehen 12 mm weiter auseinander. Damit würdendie Speichen mit den Bremszangen kollidieren. Bliebe nur der Weg, eine andere Gabel zu verwenden.
Auch gilt es zu bedenken, dassDrahtspeichenräder nur in Verbindung mit den originalen Schwimmsattel-Bremszangen oder denen der 31K von 1983/84 harmonieren. Festsattelbremsen mit zwei oder vier Kolben ragen zu weit nach innen. Auch der bewährteUmbau auf die Vierkolben-Triumph-Zangen in Verbindung mit den "schwarzen" 31K-Tauchrohren (ab 1985)scheidet bei der Umrüstung auf Drahtspeichenräder aus.
Am Hinterrad ist der Aufwand erheblich größer als am Vorderrad. Die Langlöcher für die Achsaufnahme in der Schwinge werden unter größter Sorgfalt zur Aufnahme der dickeren Achse bzw. des mit der Schwinge verschraubten Kettenradträgers vergrößert. Dabei kann man auch gleich eventuelle Fertigungstoleranzen ausgleichen, damit anschließend die Schwingenachse und die Hinterradachse auf einer Ebene liegen und nicht gegeneinander verschränkt sind. Nach dem Umbau bleibt beim Radausbau der Kettenradträger wie bei den frühen luftgekühlten RD-Modellen an der Schwinge, da er mit ihr verschraubt wird. Das ist ein großer Vorteil, denn man muss die Kette nicht jedes Mal neu spannen.
Da die Bremsankerplatte jetzt viel weiter von der Schwinge wegrückt, muss der Zuganker unter Zuhilfenahme eines Azetylenbrenners so gebogen werden, dass er genügend Abstand zur Reifenflanke hat und vollkommen spannungsfrei mit der Bremsankerplatte verschraubt werden kann. Diese Biegeaktion ist nichts für Anfänger. Man sollte auf keinen Fall versuchen, den Zuganker kalt zu biegen. Dazu ist die erforderliche Formänderung viel zu groß.
Die Original-Distanzhülse zwischen Bremsankerplatte und rechtem Schwingenholm ist viel zu kurz. Man besorgt sich am besten ein passendes Stück Alu und fertigt sich auf der Drehmaschine eine passende Distanzhülse an, die exakt zwischen Bremsankerplatte und Schwinge passt.
Nicht vergessen: Der Bremshebel der luftgekühlten RD ist länger als der von der LC. Damit stimmt das Übersetzungsverhältnis der Hinterradbremse nicht mehr, und die Bremse lässt sich nicht einstellen. Man muss also den Hebel der LC verwenden, der jedoch problemlos passt.
Man sollte keinesfalls versuchen, die Bremsankerplatte der 4L0 zu verwenden, auch nicht den Kettenradträger. Es gibt kleine konstruktive Besonderheiten, die dem entgegen stehen. Auf den ersten Blick sehen die Teile baugleich aus. Dem ist aber nicht so. So hatten die frühen Naben z.B. einen Wellendichtring zur Bremse hin, der später weggelassen wurde.
Mit diesen Maßnahmen lässt sich das Hinterrad der luftgekühlten RD verwenden, ohne daran etwas zu verändern. Kettenflucht und mittige Positionierung des Rades in der Hinterradschwinge der LC passen einwandfrei. Das Kettenblatt der 4L1 passt allerdings nicht, da die Kettenblatt-Aufnahme der Speicheräder der 4L0 entspricht. Es gibt aus dem Yamaha-Baukasten passende Kettenblätter mit 41 Zähnen, leider weiß ich nicht von welchem Typ.
Für die TÜV-Eintragung genügte in meinem Fall ein Ersatzteilkatalog der 351 (RD350 luftgekühlt) sowie ein Typenblatt von Bridgestone, aus dem hervorgeht, dass die gewählten Reifen mit den vorhandenen Felgen harmonieren. Anhand der Explosionszeichnung im Ersatzteilkatalog konnte sich der Prüfer von fachgerechten Umbau überzeugen. Die Eintragung erfolgte problemlos, da die alte luftgekühlte 350er leistungsmäßig der 250er LC entspricht.
Bei der 4L0 mit Doppelscheibenbremse vorne benötigt man die oben erwähnte Nabe der XS500 (Achtventiler, 1976). Die Naben der XS 650 und der SR sind zu breit. Das lässt sich leider wegen der Aufnahme für den Tachoantrieb nicht ändern, jedenfalls nicht mit „sauberen“ Methoden. Außer der XS500-Nabe entspricht der Umbau einer 4L0 dem der 4L1. Das Original-Kettenrad der 4L0 passt ohne Änderung an den Kettenradträger der Speichenradnabe.
Möchte man statt der originalen Stahlfelgen breitere Alufelgen verwenden, ist es ratsam, vorher mit dem TÜV-Ingenieur zu sprechen. Ich hatte mir von Bridgestone Datenblätter besorgt und als Bereifung vorne 100/80 – 18 und hinten 120/80 – 18 gewählt. Die Messfelge von Bridgestone ist dafür vorne 2,50 x 18 und hinten 2,75 x 18. Mögliche Felgen sind vorne 2,15 bis 2,75 und hinten 2,50 bis 3,00. Gewählt habe ich vorne 2,15 und hinten 2,50. Die Platzverhältnisse in der LC sind beengt. Man muss den Kettenschutz für den 120er Reifen bereits ausschneiden. Der Reifen läuft schon ziemlich dicht an der Kette vorbei. Die 2,75er Felge geht hinten auch noch. 3.00 habe ich noch nicht ausprobiert. Mit den breiteren Felgen und Reifen ändert sich das Fahrverhalten dramatisch. Das Motorrad fällt regelrecht in die Kurve, wird also kurvengieriger. Darauf sollte man bei der ersten Probefahrt vorbereitet sein.
Bevor man die Hinterradnabe einspeicht, sollten alle Anpassungsarbeiten abgeschlossen und vorsichtshalber ein probeweiser Einbau der Nabe erfolgt sein, um die Kettenflucht zu kontrollieren und der Radspannerei Anweisungen zu erteilen, ob die Felge zur Nabe einen seitlichen Versatz haben muss. Die Rahmen und Schwingen weisen Fertigungstoleranzen auf (manche auch Kaltverformung nach „Asphaltwischern“). Der Speichenrad-Umbau bietet die Möglichkeit, die Spurhaltung sehr genau auszurichten. Manche Radspannereien stellen zusätzlich Zertifikate aus, was sicher helfen kann, den TÜV-Ingenieur zu überzeugen.
Sicher gibt es „schmutzige“ Lösungen, um Speicheräder in der 4L0/4L1 zu verwenden. Das geschilderte Verfahren ist eigenhändig erprobt und stellt eine solide, sichere und TÜV-fähige Möglichkeit dar. Ich habe sowohl den 4L1-Umbau mit Originalrädern der 351 anstandslos eingetragen bekommen wie auch die Alu-Felgen mit der breiteren Bridgestone-Bereifung und Doppelscheibe an der 4L0. Allerdings wusste ich beim ersten Anlauf noch nicht, wie der Umbau am besten zu bewerkstelligen ist, und habe entsprechend Lehrgeld bezahlt. Den Aufwand für einen solchen Umbau sollte man nicht unterschätzen. Man muss außerdem sehr genau arbeiten, will man Freude an dem Umbau haben. Gerade das Zurechtbiegen der Zugstrebe für die Hinterradbremse will gekonnt sein. Wird hier geschludert, schleift die Bremsankerplatte an der Nabe. Auch sollte man nicht der Versuchung unterliegen, bei den Reifen- und Felgenbreiten die Limits voll auszuschöpfen. Die Fahrwerke aus den frühen 80er Jahren bieten dafür keine geeigneten Voraussetzungen.
Heiner Jakob