Dellenlifter & Co – ein Erfahrungsbericht
Praxis ist, wenn´s funktioniert und keiner weiß, warum. Rein theoretisch betrachtet, konnte ich mir nicht vorstellen, einen Tank mit angeklebten Zugadaptern und einem Gleithammer auszubeulen. Erfragte Expertenmeinungen waren negativ. Auch Erfahrungsberichte im Internet machten wenig Hoffnung. Letztlich gaben die geringen Anschaffungskosten den Ausschlag, die Klebetechnik zu testen.
Seit dem ersten erfolgreichen eigenen Einsatz der Klebetechnik sind gut zwei Jahre ins Land gegangen. Mittlerweile hat sich etwas auf diesem Sektor getan.http://ausbeultechnik-eichhorn.de/ bietet sowohl deutlich verbesserte Kleber mit unglaublichem Haftvermögen an als auch eine schweren Gleithammer, mit dem sich die Haftungder neuen Heißkleber auch nutzen lassen
Gleithammer mit 1000 Gramm Schlaggewicht und 230 mm nutzbarer Gleitlänge bei 530 mm Gesamtlänge. Die Gesamtmasse des Geräts beträgt gut 2 Kilogramm. In Verbindung mit dem bernsteinfarbenen Heißkleber HKS0221 lassen sich bis dahin nicht für möglich gehaltene Zugkräfte ineine Beule einbringen.
Was hatte ich nicht alles versucht! Anfangs traute ich mir das Ausbeulen nicht zu und brachte die Tanks zum Spezialisten. Ergebnis: Teuer und runzelig. Das lag nicht nur am Spezialisten, es lag auch an den Beulen. Manche Beulen gehen einfach nicht mehr so heraus, dass man weder zinnen noch spachteln muss. Doch schön der Reihe nach.
Zunächst bog ich mir für jede Beule einen passenden Drückstahl. Das waren zum Teil abenteuerliche Gebilde, weil man durch die Tanköffnung selten auf direktem Wege zur Beule gelangt. Die nötigen Kräfte, eine Beule von innen heraus zu drücken, sind nicht zu unterschätzen. Meine Ergebnisse waren genau so gut wie die vom Spezialisten – nämlich unbefriedigend! Außerdem lagen manche Beulen auch an unerreichbaren Stellen. Aus purer Verzweiflung begann ich, die Schadstellen auszuschneiden und Bleche einzusetzen. Die trennte ich aus Schrotttanks heraus, die an anderer Stelle zerdeppert waren. Obwohl die mit der Absetzzange überlappend geformten Flicken sauber WIG-geschweißt wurden und sicher jeden Falltest unbeschadet überstehen würden, blieb im Kopf der Makel des geflickten Tanks, ein unbefriedigendes Gefühl bei einer handwerklich und technisch sicher nicht zu beanstanden Lösung. In einem Anflug von Wahnsinn kaufte ich mir schließlich für viel Geld einen professionellen Spotter, der Nägel in den Beulen anheftet. Mit dem Gleithammer kann man dann große Kräfte ausüben, um die Vertiefungen heraus zu ziehen. Das hat allerdings zwei Nachteile: Eine glatte Oberfläche lässt sich nur mit einem enormen Zeitaufwand erzielen, und für Tanks halte ich das Verfahren heute definitiv für ungeeignet, weil das Blech durch das Anschweißen der Ziehnägel hitzegeschädigt wird und Perforationen auftreten können. Den Spotter setze ich heute dennoch für gemeine, spitze Einschläge geringer Größe ein, wenn ich mit dem Drückstahl die Schadstelle von innen nicht erreiche. Perforationen verlöte ich mit Silberlot.
Nach wie vor hatte ich mein Ziel, Beulen restlos und auch ohne Zinn und Spachtel unsichtbar zu entfernen, nicht aus den Augen verloren und probierte ganz zum Schluss, weil ich dem die geringsten Erfolgsaussichten beigemessen hatte, die Klebetechnik aus. Meinen persönlichen Grundstock an Klebepilzen stellte ich mir einschließlich Heißkleber und Lösemittel aus dem Sortiment der Eichhorn Ausbeultechnik zusammen, die bei mir einen seriösen Eindruck hinterließ, weil sie sich auf sachliche Beschreibungen beschränkte und keine Wunder versprach. (Johannes Eichhorn, Tel: 0049 (0)841 9316522, www.ausbeultechnik-eichhorn.de) Den Gleithammer baute ich mir damals nochselbst. Was mankaufen konnte, funktionierte zum Entfernen von Hagelschäden an Dünnblech-Autokarosserien. Für verbeulte Motorradtanks sind größere Kräfte nötig. Schließlich lässt es sich mit einem schweren Gleithammer gefühlvoller arbeiten, weil nicht Muskelkraft sondern Masse die Energie ermöglicht.
Da ich nicht glaubte, dass die Klebetechnik funktionieren würde, und dies vermutlich unbewusst auch beweisen wollte, wählte ich als Testobjekt einen übelst verbeulten Tank aus. Der hatte am Rücken eine Beule Schuhgröße 42, weil ein Hirnie im Lager gerade keinen Tritt zur Verfügung hatte und meinte, so ein Tank sei ziemlich stabil und man könne sich darauf stellen. Da der so verformte Tank nicht mehr zu verkaufen war, flog er, weiter Beulen sammelnd, von einer Ecke in die andere, bis ich ihn – es war immerhin ein fabrikneues Ersatzteil (• wenn auch mit „kleinen Mängeln“) von seinem Schicksal erlöste. So lag das geschundene Teil vor mir, und ich war mir sicher, dass mit Klebetechnik und Zugadaptern hier rein gar nichts zu bewirken sei. Es kam völlig anders. Der Fußabdruck Größe 42 verschwand wie von selbst mit einem deutlich vernehmbaren „Plöpp“. Ich konnte es nicht fassen: Kein Riss im Lack, nichts. Die Beule war weg. Bis auf einen spitzen Einschlag – hier kam der Spotter zum Einsatz – bekam ich nach und nach alle Beulen heraus, und zwar genau so, wie ich es mir immer gewünscht hatte: Ohne die Notwendigkeit zu zinnen oder zu spachteln. Der Neuzustand tritt natürlich nicht ein. Ein wenig Füller braucht es schon, die Betonung auf wenig. Wir reden hier von Wellen im Zehntelmillimeterbereich, für das Auge kaum wahrnehmbar.
Das liest sich jetzt so, als ginge es wie von selbst. Dies ist nicht der Fall. Der Tank war ein Tag Arbeit, nicht etwa Beschäftigung. Bis die Klebestellen hielten, musste ich ziemlich experimentieren. Auch beim Gleithammer brauchte ich mehrere Anläufe, bis ich die für mich passende Ausführung gefunden hatte. Die primären Einflussgrößen sind die Masse des Hammers – ich verwende ein Kupferstück – und die Länge der Gleitstrecke. Bei den käuflichen Hämmern ist die meist zu kurz.
Leider habe ich von meinem „Erstlingswerk“ keine Fotos – ich war ja vom Misslingen überzeugt• Aber Jürgen Nölls Ducati Tank war ein gutes Demonstrationsobjekt, zeigte aber auch Grenzen auf.
Klingt banal, muss aber klar hervor gehoben werden: Kernstück der Klebetechnik ist die Klebeverbindung. Reißt der Adapter ab, ohne die Beule zu ziehen, darf man sich erst einmal nicht entmutigen lassen. Mit einem anderen Adapter und mit einer anderen Kleberschichtdicke kann es passieren, dass man den Adapter selbst mit voller Schlagkraft nicht zum Abreißen bringt. Hier machen Nuancen den Unterschied. Man muss wirklich experimentieren und darf sich auch von mehreren Misserfolgen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Eine präzise Anleitung könnte ich nicht schreiben. Man muss selbst ein Gefühl dafür entwickeln. Das erfordert Geduld und Beharrlichkeit.
Was kann die Klebetechnik, wo sind ihre Grenzen?
Glatte Dellen Schuhgröße 42 gehen am besten heraus. Auch kinderhandgroße, flache Dellen lassen sich noch gut heraus ziehen. Je kleiner und je tiefer die Delle, umso schwieriger wird es. Scharfkantigen Einschlägen kommt man mit der Klebetechnik nicht bei. Jede Beule hat ihren eigenen Charakter. Entsprechend vielfältig sind die professionellen Ausbeultechniken. Die Klebetechnik ist nur eine von vielen und hat ihr relativ klar abgegrenztes Einsatzgebiet. Sie ist recht leicht zu erlernen und dabei fehlertoleranter als andere Verfahren. Es wird kaum gelingen, damit einen Schaden zu verschlimmern. Stimmt nicht ganz: Dekore reißen sofort ab, Lackschichten bei allen gemeinen Beulen ebenso.
Zu kleine Zugadapter halten nicht. Man braucht eine Fläche von einigen Quadratzentimetern, um genügend große Zugkräfte ausüben zu können. 0,7er Tiefziehblech lässt sich prima „entformen“, bei Stahlblech geht rein gar nichts. Damit ist auch der Traum verpufft, Beulen aus älteren verchromten Auspufftöpfen heraus zu bekommen. Modernere Töpfe sind aus so dünnem Blech gefertigt, dass man eine Chance hat. Aber das ist ja nicht unser Thema.
Praxis ist, wenn´s funktioniert und keiner weiß, warum. Stimmt nicht. Mit ein wenig Überlegung wird einem schnell klar, wo die Möglichkeiten und Grenzen solcher „Wundertechniken“ liegen. Klebeverbindungen können beachtliche Kräfte auf Zug übertragen, wenn diese rechtwinklig wirken. Bei Schälwirkung, also bei schräger Krafteinwirkung, versagen sie. Damit ist gemeint, dass jede Klebung leicht von der Seite zu lösen ist. Wenn wir die Kinematik beim Beulenziehen betrachten, müssen wir zu unserem Bedauern erkennen, dass immer Schälwirkung im Spiel ist, und zwar umso mehr, je kleiner und je tiefer die Beule ist: Während wir die Vertiefung in der Mitte heraus ziehen, tritt außen eben genau diese Schälwirkung ein. Dies erklärt, warum sich große glatte Dellen so gut mit der Klebetechnik ziehen lassen und die gemeinen kleinen, die uns am meisten ärgern, eben nicht.
Mein Praxistipp zum Schluss: Kein Billig-Komplettset bei ebay „schießen“. Von den 25 mitgelieferten Zugadaptern kann man 20 getrost in die Tonne schmeißen. Besser bei einem seriösen Anbieter für rund drei Euro das Stück genau passende Klebeadapter ordern – mein Favorit: Atlas Titan oval ballig – dazu Hochfest-Heißkleber bernsteinfarbenund Lösemittel, eine Heißklebepistole und den eingangs gezeigtenGleithammer.
Für weniger als 150 Eurobekommt man eine wirkungsvolle Ausstattung,mit der sich auch hartnäckige Beulen ziehen lassen.
Wäre ich nur früher auf den Trichter gekommen bin. Es hätte mir viel Geld und Ärger erspart, und die Ergebnisse wären um Klassen besser ausgefallen.
Die Klebetechnik ist die Technik der Zukunft. Auf dem Automobilsektor gibt es mittlerweile Werkstattsysteme speziell für Aluminiumkarosserien, mit denen sich selbst schwere Unfallschäden ohne Austausch vonKarosserieteilen beseitigen lassen. Auch für uns im Oldtimersektor fallen dabei immer wieder neue Möglichkeiten ab.
Text: Heiner Jakob
Fotos: Jürgen Nöll (15), Heiner Jakob (3)
Beule im Tank - kann ein Laie hier in Eigenregie ran, ohne alles noch viel schlimmer zu machen? Ja, es geht, mit ein wenig Grips, Gefühl, Geduld und einer kleinen Grundausstattung an Dellenlifter-Utensilien.
Und es gehtbei Stahltanks fast noch besser als beim hier
gezeigten Exemplar aus Aluminium.
Das nötige Zubehör gibt es im einschlägigen Fachhandel. Billigstangebote funktionieren nicht. Der hier gezeigte Gleithammer ist noch weitgehend Marke Eigenbau. Mittlerweile gibt es bei Johannes Eichhorn einen genialen Hammer fertig zu kaufen.
Klebepilze werden in unterschiedlichsten Formen angeboten, aber nur einer konnte bisher überzeugen.
Atlas Titan oval ballig – dazu Hochfest-Heißkleber. Die Haftung sowohl auf Stahl- als auch Alublech ist - Sorgfalt vorausgesetzt - enorm, aber nicht unbegrenzt. Bei 1mm Stahlblech geht fast gar nichts mehr.
Als Aufnahme für die Zugadapter hat sich diese Krallenform allgemein durchgesetzt. Da ein Eigenbau derKralle ausscheidet, kauft man am besten einen fertigen Gleithammer.
Der für Autokarosserien angebotene Gleithammer konnte beim Tankausbeulen nicht überzeugen. Auch mit einem schwereren Kupfergewicht nicht. Erst der Eigenbau mit 400 mm Gleitlänge und 1000 Gramm Masse liefert das nötige Momentum. Kupfer wählte ich, weil es weich ist und den Anschlag nicht zerstört.
Mit einer Dichte von 8920 Kg/m3 gehört Kupfer zu den Schwermetallen und eignet sich schon deshalbbesser als Schlaggewicht. Noch besser wäre ein Schlaggewicht aus dem teuren und schwierig zu bearbeitenden Wolframkupfer.
Diese Beule ärgerte Jürgen Nöll, dem die schöne Ducati gehört, jahrelang. Von innen war der Beule wegen der Nähe des Tunnels nicht bei zu kommen. Letzte Hoffnung waren Dellenlifter & Co.
Damit die Pads, allgemein Zugadapter genannt, gut haften, muss der Bereich der Beule sorgfältig gereinigt und entfettet werden. Auf lackierten Tanks haften die Pads nicht so gut wie auf blankem Blech. Auch reißt der Lack gerne ab.
Speziell bei Alutanks ist es erforderlich, sorgfältig vorzuwärmen. Der Heißkleber, mit dem die Zugadapter befestigt werden, würde sonst zu schnell erkalten und die Klebung nicht genügend haften.
Hier kommt Heißklebemasse hochfest zum Einsatz. Die Farbe sagt übrigens nichts über die Festigkeit aus. Auch hier gilt: Keiner hat etwas zu verschenken. Billiger Kram führt nur zu Frust.
Mit der Zeit lernt man, wie man den Beulen am besten beikommt. Jede Beule ist anders - willig sind die wenigsten. Es gehört schon eine gewisse Hartnäckigkeit dazu, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Nach dem abkühlen tritt der Gleithammer in Aktion. Nicht entmutigen lassen, wenn die Klebung beim ersten Versuch reißt. Wenn man den Dreh raus hat, lassen sich enorme Zugkräfte übertragen.
Lösemittel hilft beim Entfernen der Zugadapter, die übrigens immer wieder verwendet werden können. Bei hochwertiger Ware reißt auch der Kopf so schnell nicht ab.
Manchmal lassen sich die Zugadapter nach kurzer Einwirkzeit des Lösemittels direkt abziehen. Mitunter muss man aber nachhelfen.
Ein flach angeschliffener Nylonstab erwies sich als hilfreich beim Ablösen
der Zugadapter. Kratzer an der Oberfläche treten bei sorgfältiger
Handhabung nicht auf.
Der Handhebel-Dellenlifter ermöglicht bei kleinen runden Einschlägen ein recht gefühlvolles und präzises Arbeiten. Das Werkzeug ist aber kein Muss. Die Adapter reißen auch eher ab als beim Gleithammer.
Bekommt man eine Vertiefung durch Ziehen nicht heraus, kann man vorsichtig eine Erhebung ausarbeiten, um sie anschließend um den Einschlag
herum zurück zu treiben.
Dazu braucht man ein Stück Federstahl. So ein Werkzeug ist vielfältig einsetzbar und lässt sich gut aus einer alten Blattfeder anfertigen.
Normales Stahlblech funktioniert nicht.
Ein Unfallschaden lässt sich selten vollkommen beseitigen. Bei einem Alutank kann man auch nicht mit Füller und Spachtel nachhelfen. Mit entsprechendem Aufwand ließen sich die verbliebenen Spuren noch beseitigen, allerdings nicht ohne Schweißen. In vorliegenden Fall wurde auf weitere Maßnahmen verzichtet. Der Zeitaufwand für das Ausbeulen betrug übrigens rund zwei Stunden.